Friedensdemos
Von der "Schwurblerseite" wird angeprangert, dass Friedensdemos auf die Seite von Putinverstehern gerückt werden (weil, wer für Frieden demonstriert, will keine Waffenlieferungen mehr und unterstützt Putin, bzw. "versteht" ihn wahrscheinlich). Das ist wieder mal eine verquere Logik, bzw. polarisiertes Denken. Früher sei eine Friedensbewegung noch etwas wert gewesen, heute wird mit dem Finger darauf gezeigt. Dem kann man entgegenhalten: Auch heute ist eine Friedensbewegung etwas Wert. Es drückt den Wunsch der Menschen nach Frieden aus und es zeigt, dass viele dafür bereit sind auf die Strasse zu gehen. Doch es bedeutet nicht, dass man der Ukraine nicht helfen kann oder muss, sie also nicht fallen lassen sollte. Es sollte beides möglich sein: Einerseits den Frieden zu wünschen, andererseits die Waffen zu liefern. Das Problem für die Friedensbewegung ist, dass sie instrumentalisiert wird. Für Putin-Befürworter (und die ganze Propagandamaschinerie, die dahinter steckt) ist diese Friedensbewegung ideal, um Waffenlieferungen auszubremsen. Das ist der perfekte Einstiegspunkt, um den Krieg auf seine Seite zu ziehen. Für die Befürworter der Waffenlieferungen ist es das genau Gegenteil und die einfachste Lösung ist die Gegenpropaganda durch Diffamierung ("Kriegsgegner sind Putin-Versteher"). Damit wird wahrscheinlich dem grössten Teil der Friedensbewegung unrecht getan. Das Problem ist, dass eine solche Friedensbewegung tatsächlich fast nur falsch verstanden werden kann (keine Waffenlieferungen, also Ukraine hängen lassen). Dabei geht es bei der Friedensbewegung in erster Linie um Unmut über einen nahen Krieg mit viel Leid und Toten und nicht um Waffenlieferungen. Die Politisierung durch die deutsche Linke und die Verzerrung dieser Perspektive ist brandgefährlich und führt zu einer neuen Polarisierung, obwohl beides nebeneinander existieren dürfte und eigentlich gar nicht polar ist, wenn man es auseinanderdividiert. Dort, wo kein Krieg herrscht, ist es einfach, gegen Krieg zu demonstrieren. Dort, wo Krieg herrscht, ist das nicht möglich. Wissen und können es die Aussenstehenden, nicht am Krieg Beteiligten, wirklich besser? Könnten sie "keinen Krieg", wenn sie dort wären, von einem absoluten Regime bedroht, welches Meinungsfreiheit und Menschenrechte mit mehr als nur Füssen tritt? Auch das böse Putin-Regime wird ja von "Schwurblerseite" beschönigt, mit der eigentlichen Propaganda des Ostens (was in ihren Augen keine Propaganda sein soll) gegen die Propaganda des Westens (was sie hier sein soll). Beide "Propaganda" werden jeweilig infrage gestellt oder hochgehalten. Einerseits ist es fast eine Glaubensfrage (aber nur fast, denn diverse unabhängige, verifizierte Informationsquellen sprechen eine klare Sprache), andererseits ist die Frage, wer welche Interessen hat! Unrecht (Menschenverachtung) kann man nur mit Propaganda vorantreiben. Sogar wenn es eine Frage dazu gäbe: Auf welcher Seite wollen Sie stehen? Auf der Seite des Aggressors, der den ersten Schritt getan hat, einen unsäglichen Krieg vom Zaun zu brechen? Dazu könnt man auch noch eine andere Perspektive einnehmen: In gescheiterten oder unhaltbaren Paarbeziehungen schlägt z.B. der Mann die Frau (Putin schlägt die Ukraine, oder die Russen schlagen Selenskyj etc.). Die Verteidigungsargumentation des Aggressors wäre: Weil die Frau psychische Gewalt auf den Mann ausgeübt hat, konnte er nicht anders als zuzuschlagen. Ist das eine Entschuldigung? Eine Erklärung, ja, aber ist das akzeptabel? Oder hätte der Mann sich besser ein wenig Sozialkompetenz und Eigenverständnis angedeihen lassen müssen (Gegenargument: hatte er eine Chance dazu)? Nach der Verurteilung kann er sich das ja überlegen. Doch der Schaden ist angerichtet und wird im Einzelnen kaum mehr gutzumachen sein. So auch in der Ukraine, bzw. im Verhältnis zu Russland. Zum Schluss: Die Friedensperspektive hilft das Ziel vor Augen zu haben, doch im Moment wird sie von beiden Seiten instrumentalisiert.